Crew: Roli, Sabina 
Reisedatum: 06.09.2009

Relativ spontan haben wir uns entschlossen, eine Woche auf dem Campingplatz „Templo del Sol“ in Hospitalet de l’Infante zu verbringen, dies vor allem deshalb, weil unsere Freunde Monica, Manuel und Edu sich gerade dort befinden. Recht schnell entscheiden wir uns für den Flug mit der Cessna 177 Cardinal HB-CXA. Zwar bietet Swiss Internation Airlines einen sehr günstigen Flug von Basel nach Barcelona an, aber wir wählen trotzdem die rund viermal teurere Abenteuervariante mit „AEROlina“ *. Etliche Stunden Flugvorbereitung gehen vorüber und einige Tage banges hoffen auf gutes Flugwetter. Endlich ist der Tag X da – Sonntag, 6. September 2009. Viel geschlafen habe ich nicht, trotzdem fühle ich mich nicht müde. Unglücklicherweise – oder eher zum Glück habe ich mir gestern Abend die für heute geltenden Notams bereits zu Gemüte geführt und dabei entdeckt, dass unser Zielflugplatz Reus (LERS) auf eine Abstellplatzreservation 24 Stunden im voraus besteht. Nun, an Schlaf konnte ich daher nicht mehr denken, denn ich musste mir die ganze letzte Nacht überlegen, wie ich dem Flugplatzleiter in Reus telephonisch mein Begehren verständlich machen kann und das nur noch knapp 11 Stunden vor der Landung. Alle Ängste zeigten sich als absolut überflüssig, denn der Señor am anderen Ende war zwar fast unverständlich, aber sehr freundlich und er versicherte mir, dass es überhaupt keine Parkplatzprobleme gäbe und ich also kommen dürfe: No Problem!

Nach einem kurzen Telephongespräch mit der persönlichen Flugwetterberatung in Zürich ist nun alles klar – der Flug kann durchgeführt werden, die Wetterbedingungen seien optimal und die meisten „restricted areas“ in Frankreich sind Sonntags „not actif“.

Auf ein paar Fallschirmspringer sollen wir achten in der Region Grenoble und Rosas. Die ATC-Flightplans habe ich ja bereits gestern eingereicht und diese sind akzeptiert.

Die vorgesehene Route wird uns vom Birrfeld über Bern nach Vevey über Annecy nach Grenoble, Montelimar, Montpellier und schliesslich nach Perpignan führen, wo ich einen Stopp für die Betankung eingeplant habe. Um 16 Uhr sollten wir von Perpignan wieder in die Luft um den Rest via Collioure, Rosas und Sabadell über Villafranca del Penedes nach Reus unter die Flügel zu nehmen.

Mir ist nun doch fast übel vor Nervosität und ich überlege noch, ob ich alles Nötige eingepackt habe: Navigationsflugpläne, Anflug- und Streckenkarten, Auto-GPS, Checklisten und sonstige Formulare, nicht vergessen den Photoapparat, denn es soll nicht wieder wie 2007 enden: Super Flug und kein einziges Bild davon. Badetücher, Shirts, Sonnenbrille und alles was man sonst so braucht ist eingepackt, das Auto beladen und mit grosser Spannung fahre ich mit Sabina nun ins Birrfeld, unsere Basis. Kaum aus der Garage beobachte ich bereits den stahlblauen Himmel und denke mir, ja, da ist es nun wirklich kein Problem zu fliegen. Also etwas beruhigt fahren wir Richtung Schinznach Bad, dann die kleine Steigung hinauf nach Scherz, um die Kurve Richtung Lupfig und oh Schreck: Das Reusstal in dickem Nebel. Naja denke ich mir, schnell ein Beweisphoto und weiters im Text, der wird sich schon noch auflösen bis um 10:30h LT, auf diese Zeit ist nämlich unser Flug terminiert – und der Nebel löst sich wirklich recht schnell auf.

Nun noch schnell ins C-Büro, Zollanmeldung checken  und Fluganzeige aufgeben, und gleich weiter zum Hangar zu unserer Maschine. Nach dem Check der HB-CXA beladen wir diese mit soviel Gepäck wie wir selbst alleine kaum tragen können: einen Vorteil darf man als „Privatflugreisende“ schliesslich auch haben. Beim Beladen vernehmen wir auf einmal entfernt eine bekannte Frauenstimme mit französischem Akzent: das muss Rachelle sein. Und wirklich, Momente später kommen Rachelle und Ernst mit zwei Freunden um die Hangarecke – sie wollen heute ins Tessin. Nach der hastigen Begrüssung und ein paar schnellen Beladungstipps von Ernst rearrangieren wir noch unsere Gepäcksverteilung und sind danach bereit für das Betanken.

Wieviel? Voll, absolut voll, mehr geht nicht rein! Nun gilt es ernst: wollen wir die Startzeit wie auf dem eingereichten Flugplane einhalten, müssen wir uns nun sputen. Nochmals schnell ein gewisses Örtchen aufsuchen (muss für gut drei Stunden reichen), einsteigen, anschnallen und nochmals tief Luft holen. „Check before Engine start completed“ und schon schnurrt die Maschine. Nach dem „Run-Up“ und dem „Check before departure“ rollen wir um 10:33h nun also auf den Holding Point Runway 08: „Hotel Bravo Charly X-Ray Alpha, line up Runway zero eight outbound west“ melde ich und mit Vollgas beschleunigen wir. Mitte Piste haben wir bereits „Speed Rotate“ und wir heben ab in die Ferien – und mit dem Abheben vom Boden legt sich bei mir ein Teil meiner enormen Nervosität und Anspannung.

Im Sektor West melden wir uns beim Birrfeld ab und ich wähle nun die Frequenz von Zürich Information um den Flugplan zu öffnen und meine Absichten bekannt zu geben. Momentan ist sehr viel los auf dieser Frequenz – und einige erzählen der freundlichen Frauenstimme ganze Geschichten. Bei einer kurzen Lücke schaffe ich es nun doch noch, mein Anliegen auch vorzutragen. Der Flug verläuft genau nach Plan: wir durchfliegen erst die Kontrollzone von Bern und schon bald ist die Grenze, der Genfersee in Sicht, welchen wir in der Region von Vevey überqueren. Ein paar kleine Cumuli unter uns ziehen vorbei und die Sicht in die Savoyer Alpen ist grandios. Grenoble macht uns darauf aufmerksam, dass in Platznähe Fallschirmspringen stattfindet und wir die CTR doch bitte umfliegen wollen. Also korrigiere ich den Kurs Richtung Westen bis die nette Dame vom Tower uns erlaubt, wieder das VOR Montelimar, unser nächstes Etappenziel anzusteuern und sich verabschiedet. Sonntags sind praktisch alle militärischen Sperrgebiete inaktiv. Somit verläuft unser weiterer Flugweg absolut problemlos und bereits sehen wir am Horizont einen dunkelblauen Streifen. Seliges Lächeln macht sich auf unseren Gesichtern breit, wir sehen das Meer näherkommen, überfliegen Montpellier und halten nun Richtung Cap d’Adge. Wir befinden uns ständig über dem Wasser was dem Fliegen einen ganz besonderen Reiz verleiht.

Ab dem Cap steuern wir bereits in Richtung Perpignan und befinden uns damit auf dem Sinkflug. Letzte Vorbereitungen müssen getroffen werden für die bevorstehende Landung in Perpignan, Anflugkarten und Bodenkarten bereitlegen und mit Perpignan Tower Kontakt aufnehmen. Der Tower meldet, dass sich in der Nähe des Finals der Runway 15 ein Ballon befindet und wir doch trotz ein bisschen Rückenwindes bitte die Runway 33 nehmen sollten und bei mir machte sich damit sofort wieder etwas Nervosität breit. Der weitere Anflug verläuft problemlos und wir befinden uns im Short Final, als die Landefreigabe erfolgt und wir setzen nach 3 Stunden und 7 Minuten reiner Flugzeit auf der Piste auf. Eine sanfte Landung kann man dies nicht nennen, nein, aber wir sind sicher am Boden. Der Towermann erkundigt sich, ob wir mit dem Flugplatz vertraut seien und ob wir wüssten wo sich der Parkplatz für die General Aviation befände, was ich zwar positiv beantworten kann, doch bin ich nur zwecks einem Grunde hier: ich brauche Treibstoff! Also werde ich via Funk vom Tower durch das Labyrinth verschiedener offener und geschlossener Taxiways zur Fuelstation dirigiert, wo uns schon ein Tankwart begrüsst. Eigentlich wäre jetzt eine Toilette nicht schlecht, aber die scheint in weiter Ferne. Nun denn, schnellstmöglich volltanken, um danach im Terminal nach den Toiletten zu suchen. Während der „Pétrolier“ unsere CXA betankt, sitzt Sabina gemütlich im Schatten der Flügel für eine Zwischenverpflegung, denn nicht nur die Cessna braucht Treibstoff.

Nach der Betankung werden wir vom Tower über diverse Taxiways und die kleine Runway 13/31 zum GA Parking gelotst. Nun aber schnell zum C-Büro und dringend das WC aufsuchen. Direkt beim C-Büro befindet sich die Südfranzösische Meteofrance, von welcher wir die aktuellsten Metars, Radarbilder und Informationen zum Streckenwetter erklärt bekommen. Bis Barcelona soll es keine Probleme geben, danach erwartet uns einen durchbrochene Bewölkung mit Untergrenze um 2000 Fuss, und das gerade im Bereich wo wir uns zwischen zwei Hügelzügen befinden werden. Einen etwas angenehmeren Bericht habe ich mir schon erhofft, aber fliegbar sei das Wetter trotzdem, so die Auskunft. Unser Flugplan diktiert uns einen Start um 16 Uhr LT, das heisst, wir haben nun noch mindestens eine Stunde, um im Terminal etwas zu trinken und eventuell ein Sandwich zu essen. Auch die Landegebühren müssen wir im Terminal begleichen.

Um 15:30h begeben wir uns zum Ausgang für die General Aviation im Hauptterminal vom Perpignan Airport. Ausser meiner Fluglizenz wird nichts kontrolliert und die freundlichen Grenzbeamten bestellen uns gleich den Shuttlebus, welcher uns zum Abstellplatz bringt. Um 15:57h melde ich „ready for departure“ und um 16:02h bekommen wir die Startfreigabe: „Headwind 7 knots, cleared for Take-Off Runway 15, turn left immediately after take-off and proceed via Echo-Charly to Echo, report Echo”. Uff, wieder mal eine lange Freigabe zu repetieren, aber Übung macht bekanntlich den Meister. Unterwegs zu Echo hören wir wie der Tower den Captain einer Boing 737 informiert, er solle bis zum Passieren des Küstenstreifens auf 3500 Fuss bleiben, da er ansonsten einem Kleinflugzeug den Flugweg kreuze und dieses in Wirbelschleppen geraten könnte. Es stellt sich heraus, dass wir damit gemeint sind, da wir die Info erhalten, dass wir vor uns besagte Boing sehen sollten und wir uns doch bitte vor eventuell auftretenden Wirbelschleppen in Acht nehmen sollen. Glücklicherweise blieben diese aus dank einer intelligenten Staffelung seitens der Flugleitung. Nun wird mir auch klar, warum wir nicht den geplanten Ausflug direkt nach Sierra erhalten haben. Wir wechseln nun wieder zu Perpignan Information, welche uns erlaubt, auf 3000 Fuss der Küste entlang zu schleichen und bald schon sehen wir das malerische Städtchen Collioure mal aus einer anderen Perspektive. Die Küste hier ist schroff und die Dörfer schön in den Buchten eingebettet.

Langsam nähern wir uns Cerbère und damit der spanischen Grenze. Nun übernimmt Gerona Information die Verkehrsleitung und der melodiöse Klang des französischen Englisch wird abgelöst von einem kratzenden befehlenden und meist fast unverständlichen Englisch mit spanischer Betonung, aber mit der Zeit gewöhnt man sich auch daran, ansonsten fragt man halt ein, zwei oder drei mal nach. Figueres müssen wir weitläufig umfliegen, da die Luft dort mit Fallschirmspringern kontaminiert ist. Wir folgen nun der spanischen Küste entlang bis kurz vor Mataró, da müssen wir ins Landesinnere vorstossen, denn die CTR von Barcelona (Luftraum A) erlaubt keinen Durchflug unter VFR. Langsam taucht auch die vorausgesagte Bewölkung vor uns auf und wir müssen sinken. Auf 1700 Fuss mean Sea level fliegen wir zwischen zwei Hügelketten in Richtung Sabadell. Nach dem Überflug des Flugplatzes Sabadell folgen wir der Autobahn, da das VOR Villafranca leider nicht benutzbar ist auf unserer Flughöhe, damit würden wir irgend wo an einem Berg unkontrolliert einschlagen. Leider aber sind bei den Autobahnen die Wegweiser so klein geschrieben, dass wir die Ausfahrt verpassen und uns nun über der Strasse Richtung Barcelona befinden. Und schon kommt auch der Aufruf von Barcelona, dass wir uns ganz knapp vor der CTR befinden würden, worauf ich natürlich sofort mit einer Kurskorrektur Richtung 270° reagiere, damit ist auch Barcelona wieder zufriedengestellt. Zwischen zwei Bergspitzen hindurch manövriere ich unser Fluggerät und da ist sie auch schon: die richtige Autobahn in Richtung des östlichen Einflugpunktes für die CTR von Reus Airport, Roda de Barà.

Nach der Kontaktaufnahme mit Reus Tower bekomme ich die Einflugfreigabe, und wir sollen doch bis Tarragona der Küste folgen und uns wieder melden. Inzwischen hat auch unser Auto-GPS den Geist aufgegeben und wir navigieren wieder nur mit Karte, Uhr und Sicht. Aha, da taucht auch schon eine grössere Stadt auf und ich melde „Tarragona, 1800 feet“. Wir bekommen die Freigabe für einen direkten Anflug via Base für die Piste 15 und im Augenblick wo ich nach Norden eindrehe taucht hinter Tarragona noch ein Tarragona auf. Wieder schnell die Karte konsultieren und schon ist der Fehler klar: Ich habe Torredembarra für Tarragona gehalten. Ich melde also dem Tower, dass wir nun doch erst in Torredembarra seien und ich somit zurück zur Küste fliegen wolle. Da aber momentan der Luftraum in der CTR Reus absolut leer ist, dürfen wir weiterfliegen und der Direktanflug wird in einen „Strait-In-Approach“ umgewandelt. Rund 10 Minuten haben wir die Piste 15 vor uns bist wir endlich im langen Endanflug die Landefreigabe erhalten. Nach einem Flug von nun 1 Stunde und 37 Minuten erreichen wir also endlich unser Ziel, jedenfalls fast. Auf dem Taxyway müssen wir nun rund 10 Minuten warten, bis wir endlich zu unserem Standplatz rollen dürfen. Via Funk bestelle ich gleich noch den Tanklastwagen, damit das Flugzeug für die Heimreise in einer Woche bereits vorbereitet ist. Am Zaun auf der Aussenseite entdecken wir auch schon unsere spanischen Freunde. Monica, Manuel und Eduardo und sind hergefahren um uns vom Flughafen abzuholen. Nach rund 30 Minuten mit dem Auto erreichen wir endlich den „Templo del Sol“, wo uns gleich eine Überraschung erwartet: die erste Nacht schlafen wir im Cabin unserer Freunde, für den Rest der Woche haben sie uns ein eigenes Cabin gemietet. Nach eine kurzen, aber sehr wichtigen Dusche freuen wir uns auf den ersten Schluck Weisswein als Aperitiv, wobei ich bereits aufpassen muss, dass ich nicht einschlafe: der vergangene Tag hat doch einiges von mir gefordert. Noch nie sind wir an einem Tag so weit selbst geflogen.

Der erste Tag im Templo ist ganz der Erholung gewidmet. Nach dem Frühstück verlassen wir den Camping und spazieren zum „Jefe“ an den Strand. Sangria, Meer und ab und zu etwas Sonne gestalten unseren Tag mehr als nur angenehm. Auch das erste Bocadillo con Lomo gehört heute zur Pflicht. Rund 6 Stunden später treffen wir wieder auf dem Camping ein, wo wir bereits etwas ungeduldig und leicht mürrisch von Monica empfangen werden. Als sie uns heute morgen wegschickte und sagte, wir sollen erst in 6 Stunden (und wir sind Schweizer, 6 Stunden gehen genau 360 Minuten) wiederkommen hat sie das ironisch gemeint. Naja, Deutsch und Spanisch über Englisch ist nicht immer ganz einfach, Finessen bleiben leider zum Teil unbemerkt. Das Grummeln von Monica legt sich jedoch sehr schnell wieder und wir dürfen in unser neues Zuhause einziehen, besser gesagt, sie hat uns in der Zwischenzeit bereits umquartiert. Im Eiskübel eine Cava, zwei Gläser, ach ist das Leben schön.

Für Donnerstag planen wir einen Ausflug in die Tropfsteinhöhlen von Benifallet, direkt am Flusslauf des Ebro, nördlich von Amposta, dem Ebrodelta. Die Höhlen sind sehr vielseitig ausgebildet, verschiedene Formen der Tropfsteine wie auch verschiedene chemische Zusammensetzungen dieser Steine geben diesen Höhlen ein interessantes Erscheinungsbild. Manuel erfährt unterwegs auf dem Heimweg noch telephonisch, dass die Firma für welche er arbeitet nun definitiv insolvent sei, was ihn natürlich sehr nachdenklich stimmt.

Die langfristige Wetterprognose für Spanien und Südfrankreich sieht nicht besonders gut aus weswegen wir beschliessen, unseren Rückflug am kommenden Samstag anzutreten. Prognostizierte Wolken und Gewitterneigung lassen mich einen neuen Flugplan ausarbeiten, denn der Rückflug ist eigentlich über die Pyrenäen geplant. Meine Ausweichroute wird uns denselben Weg den wir gekommen sind wieder zurückführen, die Zwischenlandung plane ich allerdings in Lausanne, denn dort könnten wir gleich die Einreiseformalitäten erledigen und der anschliessende Flug könnte ohne Flugplan als einfacher Inlandflug durchgeführt werden. Den Flugplan von Reus nach Lausanne gebe ich gleich via Homebriefing auf, damit ich mich morgen früh ganz aufs Meteobriefing konzentrieren kann. Als Startzeit plane ich 12 Uhr Lokalzeit.

Nachdem nun Sabina praktisch jede Templo-Katze photographiert hat können wir nun um 09:30h unser Cottage und damit den Ferienort verlassen. Manuel chauffiert uns zusammen mit Monica und Edu zum Flugplatz. Ich bin etwas unruhig, was für mich vor einem grösseren Flug an und für sich nichts Aussergewöhnliches ist. Das Meteobriefing hat mich aber auch nicht gerade gelassener gestimmt, denn für den ersten Teil des Fluges bis zur französischen Grenze ungefähr sind wieder mal tiefliegende Wolken prognostiziert, welche wir bereits bei der Autofahrt live beobachten können,  und für die Savoie und Haute-Savoie ist mittelhohe aufgelockerte Bewölkung (few) zu erwarten. Auf dem Flugplatz Reus ist heute einiges los, ich nehme mal an, dass Samstag der Hauptflugverkehr verschiedener Feriencharterflüge stattfindet. Jedenfalls begebe ich mich umgehend ins C-Büro, um die Lande- und Abstellgebühren zu begleichen (knapp 21€ für eine Woche – da ist ein einzelner Anflug in Grenchen gleich teuer) und gleich nach den neuesten Meteoinformationen zu fragen. Leider lösten sich die diversen Wolken in der Zwischenzeit nicht auf. Bis zur geplanten und aufgegebenen Startzeit ist noch über eine Stunde, also gehen wir im Terminal noch etwas trinken, aber nicht zu viel, denn der folgende Flug ist lang. Jetzt wird’s aber Zeit, unser Flugzeug zu beladen, betankt ist es ja seit einer Woche. Eine letzte Umarmung für unsere spanischen Freunde und dann los durch die Pass- und Gepäckkontrolle.

Nun heisst es wieder, sich in der Kabine zu organisieren: Gepäck sichern, Flugkarten und Pläne der Reihe nach einsortieren und griffbereit verstauen, Aussencheck, Innencheck und die gesamte Checkliste abarbeiten, zwei ruckartige Bewegungen des Propellers und schon schnurrt der Motor. Es ist erst 11:40h und doch bekomme ich bereits die Rollerlaubnis zur Run-Up-Position. Um 11:45h heisst es dann vom Tower „Wind calm, Runway one-five cleared for take-off“. Rund einen Siebentel der Piste brauchen wir für unseren Start, den Rest müssen wir fliegen, das heisst, beim ersten Taxiway auf unserer rechten Seite sind wir bereits in der Luft. Am Ende der Piste fliegen wir schon in recht grosser Höhe am GAC vorbei, wo wir noch klein unsere zurückgelassenen Freunde am Maschendrahtzaun stehen und winken sehen.

Trotz der tiefliegenden Wolken verläuft der Flug bis zur französischen Grenze problemlos und in weiter Ferne können wir die TCU über den Pyrenäen erkennen. Gut, sind wir an der Küste ohne Hindernisse. Erleichtert bin ich auch, als ich wieder das melodiöse Englisch der französischen Flugleitung höre, denn es ist um einiges einfacher zu verstehen als das befehlend-bellende Spanisch-beeinflusste Englisch des Flugleiters von Gerona. Die Wolken haben sich in Wohlgefallen aufgelöst und ich beantrage gleich einen Aufstieg von 2500 Fuss auf FL 95, welcher mir auch bewilligt wird. Hoch über Cape d’Adge erreichen wir unsere Reiseflughöhe. Damit verbessert sich unsere Geschwindigkeit relativ zum Boden um fast 20 Knoten auf einen Speed von rund 125 Knoten. Ein plötzliches sehr lautes Störgeräusch im Funk zeigt mir jetzt aber das unerwartete Ableben unseres Com 1 an. Gut ist die CXA ausreichend ausgerüstet und mit dem verbleibenden (älteren) Funk verläuft die Kommunikation problemlos, wenn auch das häufige Umschalten ohne Standby-Funktion etwas mühsamer ist.  Bei wolkenfreiem Himmel und fast unendlicher Sicht überfliegen wir Montpellier in Richtung Montelimar. Sehr gut zu erkennen ist die Ardèche-Schlucht, welche sicher auch mal einen Besuch wert wäre. Langsam tauchen in der Ferne einige hohe Wolkentürme auf, welche mich zwar nicht stören, aber doch etwas beunruhigen, liegen sie doch just in der Richtung, in welche wir wollen – und sie kommen rasanter näher als ich mir dies vorstellen will.

Nun sind wir über Montelimar auf dem Abschnitt in Richtung La-Tour-du-Pin, die Wolken verdichten sich zunehmends, der FL 95 ist praktisch geschlossen. Und darüber hinweg getraue ich mich nicht, da wir hierfür ziemlich steigen müssten, und wer weiss, was hinterher kommt, denn schon diese Wolkenmenge wurde im Meteobriefing vor dem Flug nirgends angezeigt. Ich melde also der Marseille Information, dass ich auf FL 75 sinken möchte, denn es sieht so aus, als könnte ich die Wolken so unterfliegen. Die freundliche Dame der Information nimmt meine Absicht zur Kenntnis und weist mich an, beim durchfliegen von FL 85 auf Lion Information zu wechseln.

Mit dem ersten Aufruf bei Lion Information melde ich gleich meine Absicht, auf 5500 Fuss zu sinken, da die Wolkenbasis immer tiefer liegt. Der Rechte Flügel liegt mittlerweile schon in den Wolken, während meine Seite noch mehr oder weniger frei ist, nach vorne ist auch bereits eine geschlossene Wolkendecke und wir liegen genau zwischen zwei Wolkenschichten. Dreissig bis 40 Grad Bank links mit 1500 Fuss Sinkrate zeigen die Instrumente, während ich mit Lion Info funke. Ich müsse nicht mehr weiter jeder beabsichtigte Abstieg melden, ich solle sinken bis ich wieder Sicht hätte, so die Info von Lion. Irgendwie spüre ich mittlerweile die Fliehkräfte und ein Blick auf die Geschwindigkeit zeigt mir, dass ich nicht mit Reiseleistung in dieser Fluglage sein sollte, denn der Speed nähert sich dem roten Bereich, also Power weg und Vergaservorwärmung ein. Nach etwa drei Vollkreisen befinden wir uns unter der Wolkenbasis auf 2500 Fuss, das Gelände hier liegt aber auch schon auf 1500 Fuss.

Durch die reduzierte Sicht und das kreisende Absinken habe ich nun vollends die Orientierung verloren. Wir befinden uns auch nicht mehr auf dem Homing zum VOR LTP. Und nach diesem VOR beginnen die Berge, welche wir mit dieser Flughöhe ganz sicher nicht überqueren können. Lion meldet, dass ich mich nun ausserhalb ihrer Zuständigkeit befände und falls ich weitere Hilfe benötigen würde, solle ich mich doch bei Grenoble Tower melden, was ich umgehend tue, denn bei diesen Bedingungen zu fliegen erscheint mir als verantwortungslos.

Ich melde mich also bei Grenoble Tower und füge meiner Meldung gleich die Info hinzu, dass ich keine Ahnung habe, wo genau ich mich befinde, aber die Absicht hätte, Grenoble als Alternate anzufliegen. Die Dame vom Tower kann wohl meine Aufregung im Cockpit spüren und antwortet gelassen und ruhig, dass sie uns auf dem Radar hätte. Sie peilt uns an und teilt mir mit „Heading 34° to the Airfield, Runway zero niner in use“. Nach rund 2 Minuten kann ich erleichtert melden „Airfield in sight, will proceed via Overhead and Downwind Runway zero niner“. Wie froh bin ich, dass ich bei der Flugvorbereitung wieder mal richtig Zeit investiert und den Flugplatz Grenoble als Alternate vorbereitet habe. Nicht auszudenken, wenn ich dies jetzt noch im Flug tun müsste, gestresst bin ich auch so genug. Auf dem Downwind bekomme ich nun schon die Landefreigabe, womit ich mich nun ganz auf den Anflug konzentrieren kann. Die Landung ist, sagen wir mal, nicht gerade sanft, ich merke schon, dass ich zum einen sehr nervös bin und zum anderen nur wenig Erfahrung mit so breiten Pisten habe. Aber wir sind unten und im Augenblick gibt es glaube ich nichts was mich glücklicher machen würde.

Gemächlich rolle ich auf den mir zugewiesenen Parkplatz, mitten auf dem verlassenen riesigen Apron. Erst einmal heisst es nun die Nerven wieder sortieren, dann aus dem Gepäck auswählen, was wir mit uns nehmen wollen und welche Unterlagen ich brauche, um den Weiterflug zu planen. An ein Weiterfliegen ist heute wohl nicht mehr zu denken, die Sicht ist zu schlecht und die Wolkenbasis zu tief. Mit unserem ausgelesenen Gepäck schleppen wir uns über die fast verlassene Parkfläche zu einem Sportpilot, welcher gerade seine Maschine checkt, um uns zu erkundigen, wohin wir uns nun zu begeben hätten. Doch unser französisch ist sehr limitiert und sein English inexistent, also versuchen wir seine Handbewegungen zu deuten und begeben uns in die gezeigte Richtung.

Nach unzähligen verschlossenen Türen finden wir endlich eine, welche sich öffnen lässt, wobei wir jedoch keine Ahnung haben, wo uns die hinführen wird. Es sieht ein bisschen aus wie auf einer Poststelle, mit Schalter und Glaswand dazwischen. Das also ist die Meteorologie vom Flugplatz und eine sehr nette englischsprechende Madame kann uns auch gleich die neuesten Informationen zur Wetterlage geben. Ich erkläre ihr auch unsere Absicht, heute oder Morgen weiterzufliegen in Richtung Schweiz, was sie uns mit einem nicht viel versprechenden Stirnrunzeln quittiert. Wir könnten es morgen früh um ca. 10 Uhr versuchen, wenn es ginge, dann etwa zu dieser Zeit. Sie sei morgen auch wieder hier und wir dürften uns selbstverständlich bei ihr melden, wenn wir Hilfe benötigen sollten. Mit Sicherheit werde ich diese Hilfe in Anspruch nehmen und wir bedanken uns für die Auskünfte. Wohin wir jetzt aber müssen, das wisse sie auch nicht, erklärt sie uns noch, wir sollen es einfach weiter vorne versuchen, Richtung Terminal.

Ein freundlicher Herr, welcher uns herumirren sieht, zeigt uns eine Art Hintereingang, durch welchen wir es dann schaffen, bis zum Informationsstand des menschenleeren Terminals zu kommen. Freundlich und hilfsbereit sind alle Menschen hier, so natürlich auch bei der Information. Und Englisch stellt hier auch kein Problem dar, also können wir unsere unvermittelte Strandung hier in Grenoble erklären, unsere Personalien angeben und weitere Formulare ausfüllen. Ebenso erfahren wir, dass gleich jemand zu unserer persönlichen Betreuung kommen werde. Von weitem sehen wir, dass es wieder der Herr von vorhin am Hintereingang ist, welcher sich uns mit Gregory vorstellt. Gregory ist für den gesamten technischen Betrieb auf dem Flughafen verantwortlich und hilft uns bei allen unseren Problemen. Er organisiert uns auch noch einen Tanklastwagen, damit wir unser Flugzeug gleich noch auftanken und damit wieder flugbereit machen können. Gregory gibt sich alle Mühe, ruft bei verschiedenen Hotels an und organisiert uns somit eine Bleibe für die nächste Nacht. Ein Hotel in La Côte-Saint-André hat für uns noch ein Zimmer frei, auch das Taxi dorthin wird von Gregory organisiert. Er versichert uns, dass er morgen früh ab acht Uhr UTC wieder auf dem Flugplatz sein werde und gibt uns alle seine Telephonnummern, und wir sollen ja nicht zögern, ihn morgen wieder zu kontaktieren. Es ist ein super Gefühl als Gestrandete so umsorgt zu werden.

Das Hotel entpuppt sich als idyllischer kleiner Landgasthof mit Hotelzimmer und einem Erstklassrestaurant, in welchem wir gleich fürs Abendessen reservieren. Beim Spaziergang durch La Côte-Saint-André erleben wir ein kleines lebendiges französisches Dorf mit vielen einladenden kleinen Restaurants und Bars. Danach muss ich mich aber erst einmal um die weitere Flugplanung kümmern, denn Erfahrungsgemäss arbeite ich sehr ungern nach einem feinen Abendessen mit Wein. Als Etappenziel wähle ich wieder Lausanne, auch wenn von hier aus ein Direktflug ins Birrfeld ohne Weiteres möglich wäre. Zum einen hat man in Lausanne einen regulären Zoll und zum zweiten dürfte das Wetter morgen nicht so wahnsinnig gut sein, so dass ich sicherlich froh sein werde in Lausanne eine kurze Pause zu haben.

Das Abendessen ist eine Wucht: feinste Küche, perfekter Service und einen wunderbaren Côte du Rhône. Wäre wirklich schade, hätten wir dieses kleine Fleckchen Frankreich nicht kennengelernt. Wir müssen doch versuchen, dem Ganzen etwas Positives abzugewinnen.

Kaum zu glauben, aber schon ist’s wieder morgens um sieben und es heisst „raus aus den Federn“ und sofort mit dem Meteobriefing beginnen, auch wenn ein Blick aus dem Fenster die miserable Situation bestens beschreibt. Die Chancen, heute Grenoble in Richtung Schweiz zu verlassen sind marginal. Trotzdem reisen wir mit dem gestern Abend bestellten und gerade vorgefahrenen Taxi zum Flughafen. Am Infoschalter erkundigen wir uns nach Gregory, welcher uns aber schon quietschvergnügt entgegenkommt und begrüsst, da er uns auf seinen Überwachungskameras bei der Ankunft gesehen hat. Die Wettersituation ist ihm allerdings auch nicht entgangen, trotzdem bringt er uns zur netten Dame vom Wetterdienst. Auch sie sieht eigentlich keine grossen Chancen, am ehesten wie gestern vorausgesagt so um zehn Uhr. Wir folgen Gregory in sein Büro, wo ich an einem seiner Zahlreichen Computer also einen Flugplan für 10 Uhr einreiche.

Auf dem Vorfeld steht eine Ju 52 in den Farben von Falkenbier und deren Werbung. Gerade treffen auch die Piloten ein, welche die vergangene Nacht in Grenoble verbrachten und geradewegs von dort herkommen. Auch sie schätzen die Lage als kritisch ein für einen VFR-Flug, da in den Bergen viele tiefliegende Wolken hängen würden. Sie wollen ja mit ihren Passagieren Richtung Avignon, also weg vom schlechten Wetter. Jetzt wo die Motoren dieses schönen Oldtimers gestartet werden, steht die gesamte Flughafenbelegschaft (etwa 5 Personen) staunend am Rande des Vorfeldes. Endlich ist hier mal was los. Mit sattem Motorensound hebt die Maschine irgendwo im ersten viertel der Piste ab und entschwindet unseren Blicken in Richtung Süden. Diese Glücklichen, sie können ihre Flugreise fortsetzen.

Nun wird es aber Zeit unseren etwas kleineren Vogel zu beladen und startbereit zu machen. Wir verabschieden uns von Gregory, welcher uns noch auf den Weg mitgibt, dass es absolut keine Schande sei, bei kritischen Flugbedingungen wieder umzukehren und hier wieder zu landen. Ich betätige den Zündschlüssel und der Motor startete etwas zögerlich mit komischen schnatternden Geräuschen, läuft aber nach ein paar Sekunden rund und ruhig. Um zehn nach zehn bekommen wir das „cleared for take-off“ und wir fliegen outbound November. Noch im beginnenden Steigflug bemerke ich die schlechte Sicht, welche sich mit jedem Fuss Höhengewinn zum negativen hin verändert. Schon überfliegen wir das VOR LTP und nehmen Kurs in Richtung Annecy. Die Sicht unterschreitet jetzt die für mich fliegbaren Bedingungen und nach einem kurzen nervös-chaotischen Augenblick entscheide ich mich definitiv für eine Umkehr: so überfliege ich kein Gelände der Voralpen, denn dieses steigt hier klar schneller als unser Flugzeug.

Ich nehme mal an, die vom Tower sind etwas verwirrt, als sie unsere Kennung schon wieder gemeldet bekommen. Jedenfalls bekomme ich die Landefreigabe und die Frage, was der Grund für meine erneute Landung hier in Grenoble sei. Diese beantworte ich natürlich mit den schlechten Sichtbedingungen und der Bitte, meinen Flugplan gleich wieder zu schliessen.

Auch Gregory ist erstaunt, dass wir schon wieder auf dem Parkfeld stehen und holt uns dort umgehend ab. Was nun, das ist die grosse Preisfrage. Nach Hause können wir heute nicht, die Stadt Grenoble ist weit weg und hier in der Nähe kennen wir niemanden, ausser, ja, das stimmt, ausser Pièrre und Anni, die Eltern von Aurélie, welche ausserhalb Valence, direkt neben dem Flugplatz in Monthélier wohnen. Nur fehlen uns deren Koordinaten wie Adresse und Telephonnummer und letztere wäre von Vorteil, falls wir uns für die Option Valence entscheiden. Das Wetter jedenfalls wäre in diese Richtung deutlich besser.

Sabina versucht nun Aurélie in der Schweiz anzurufen, was nach dem x-ten Versuch auch glückt. Im Nu ist alles über Aurélie, Anni und Gregory verhandelt und abgemacht und mein Navigationsflugplan nach Valence steht auch schon. Also, wieder mit Gregory zum Parkplatz, einsteigen, anschnallen und Motor starten – letzteres will ich zwar tun, aber der Propeller bewegt sich nicht, trotz irgendwelchen in den Ohren schmerzenden Geräuschen. Nun scheint unsere Flugreise definitiv zu Ende zu sein. Da auf dem Flugplatz eine Maintenance besteht und diese für Cessna zertifiziert ist, lassen wir also die CXA stehen und räumen unser gesamtes Gepäck wieder aus der Kabine. Eigentlich war der Plan, dies erst im Birrfeld wieder tun zu müssen, und dort stünde das Auto direkt daneben. Die Lehre daraus ist jene, dass auch mit dem eigenen Flugzeug nur soviel Gepäck mitgenommen werden sollte, wie alle Passagiere und Pilot zusammen ohne grosse Probleme tragen können.

Gregory checkt noch die Zugsverbindung ab Grenoble und telephoniert nochmals mit Aurélies Eltern um ihnen die Panne mitzuteilen. Auch ein Taxi wird natürlich von ihm organisiert. Wir verabschieden uns von unserem Lieblingshelfer der letzten 2 Tage und besteigen das Taxi. Fünfzig Kilometer mit dem Taxi sind auch in Frankreich nicht gerade eben billig. Hundertsieben Euro zeigt das Taxameter in Grenoble am Hauptbahnhof an, das kann ich nur mit Kreditkarte bezahlen. Also zücke ich ohne mit einer Wimper zu zucken meine goldene Mastercard und reiche diese dem Chauffeur. Mehr als eine Wimper zuckt jetzt aber, als ich sehe, wie der Taxipilot meine Karte in den Kartenleser schiebt und ganz einfach, ja, ohne grosse Mühe einfach abbricht. So etwas glaubt man nicht mal wenn man es gerade live erlebt. Zum Glück reicht das noch im Kartenleser steckende Stück aus um die Daten zu lesen und den Taxipreis abzubuchen.

Beim Ticketschalter erfahren wir jetzt, dass es zwei Möglichkeiten gibt, nach Genf zu kommen, die eine Variante wäre mit einem Bus, welcher mehr oder weniger gleich losfahren würde, die andere mit dem Zug in ca. einer halben Stunde. Da wir von Genf aus sowieso mit der Eisenbahn weiterreisen müssen, entscheiden wir uns für die zweite Variante, da sie uns bequemer erscheint. Dem Bus schauen wir also bei der Abfahrt zu und gleich darauf erfahren wir, dass heute unser Zug erst in zweieinhalb stunden losfährt, nicht wie geplant in dreissig Minuten, weiss der Kuckuck warum. Somit haben wir mehr als genug Zeit, uns mal etwas für zwischen die Zähne zu beschaffen. In einer Art Bahnhofsbüffet lassen wir uns mit dem gesamten Gepäck nieder und bestellen uns erst mal ein schönes grosses Sandwich und eine Coca Cola, light natürlich. Sabina macht sich noch schnell auf die Suche nach einer Flasche Wein für in den Zug, man reist ja nicht gerne trocken, und kommt alsbald mit einer Flasche Côte du Rhône zurück. In Genf, so werden wir informiert, haben wir nicht besonders viel Zeit fürs umsteigen, um 19:45h ginge der Zug auf Gleis 8. Also, sputen wir uns und rennen so gut es geht zum Perron und steigen in den bereits wartenden Zug. Kaum drinnen, es ist jetzt 19:38h, fährt dieser los. Dass eine Verbindung zu früh losgeht, können wir kaum glauben und unsere Befürchtung bestätigt sich: zu schnell umgestiegen und einen Zug früher erwischt – nur geht der nicht Richtung Bern, sondern ins Wallis, was heute gar nicht auf unserem Programm steht. Also: Gepäck wieder zusammenklauben und in Lausanne den richtigen Zug besteigen, welcher, völlig klar, natürlich nicht auf demselben Perron zu erreichen ist. Endlich sitzen wir mit blanken Nerven im richtigen Zug, welcher uns sogar ohne Umsteigen bis nach Brugg bringen soll. Sabina ruft nun Aurélie an, denn sie hat heute Nachmittag angeboten, uns dann vom Bahnhof abzuholen und nach Hause zu chauffieren. Und das ist das erste, was heute auch gleich beim ersten Mal klappt. Sogar ein kleines Abendessen bringt sie in Tupperware mit, welches uns über die Nacht hinweg rettet. Nun aber nur noch ins Bett, wo wir in einen komatösen Schlaf  fallen.

Montag morgen ist es bereits wieder und nun beginnt die Organisation von Reparatur und Rückschaffung des Flugzeuges. Schon recht früh ruft die Maintenance von Genoble an und teilt mir mit, dass erstens der Starter gebrochen sei und zweitens sie in der Lage seien, dies innert zwei Tagen zu reparieren und sie drittens einen schriftlichen Auftrag und Berechtigung und was weiss ich noch alles bräuchten. Zum Glück kann ich René Mühlentaler erreichen, welcher unser Flugzeug normalerweise wartet. Ihm gebe ich die Telephonnummer der Werkstatt in Grenoble und alles Weitere läuft zum Glück problemlos ab. Für das Zurückfliegen soll das Wetter erst ab kommendem Samstag wieder halbwegs brauchbar sein und wir vertagen diese Aktion also bis dahin. René bietet uns an, Ernst Harlacher und mich mit seinem Flugzeug unter IFR nach Grenoble zu fliegen, zu bezahlen hätten wir nur den Treibstoff.

So ein Angebot kann man nicht ablehnen und so treffen wir uns an meinem Geburtstag, morgens um 8 Uhr in Grenchen für den Flug nach Grenoble. Premiere für mich, mit einem einmotorigen Kleinflugzeug einfach in Wolken einzufliegen, keine Sicht, keine Orientierung, keine Referenz, nichts – faszinierend. Der Flug verläuft absolut ruhig ohne Turbulenz über, zwischen und in den Wolken. Die von der ATC übermittelten Vektoren lassen uns unmittelbar vor der Piste in Grenoble aus den Wolken tauchen. René landet die Maschine butterweich auf dem Asphalt der Piste 09 und parkt sie direkt neben der CXA auf dem Apron.

Wie versprochen wartet ein Mechaniker von der Maintenance bereits auf uns, denn die Franzosen wollen sichergehen, dass wir die Reparatur auch wirklich begleichen, und zwar in Bar: Nur Bares ist Wahres! 1063 Euro kostet der neue Starter mit Einbau. Nun müssen wir nur noch husch ins Terminal an den Info-Desk, die Landeformalitäten erledigen und die Anfluggebühren entrichten. Gleichzeitig gebe ich noch ein kleines Präsent für Gregory, unseren unbezahlbaren Helfer vom letzten Samstag ab. René weiss noch von einem letzten Besuch hier in Grenoble, wo ein kleines Restaurant zu finden ist und wir einen Kaffee bekommen können. Auf dem Weg dorthin darf Ernst „ausnahmsweise“ telephonisch einen Flugplan aufgeben, welchen er auf 12:00h terminiert.

Punkt 12 Uhr rollen wir vom Parkplatz und heben 4 Minuten später in den leicht bewölkten französischen Himmel ab. Die Sicht ist sehr gut, einige tiefliegende Wolken müssen wir aber um- oder unterfliegen, insgesamt aber absolut problemloses Navigieren im Gelände. Bei Annecy durchfliegen wir eine kurze Regenzone und schon liegt der Genfersee vor uns. Diesen überfliegen wir auf der Höhe von Evian in Richtung VOR St. Prex. Da wir auf der Schweizer Seite in Richtung Lausanne und Fribourg tiefliegende und zum teil aufliegende Wolken ausmachen können, die Route Yverdon – Neuchâtel – Biel aber frei ist, wählen wir logischerweise Zweitere.

Der Flug verläuft ruhig, selbst jetzt, wo wir im Anflug auf Grenchen von Biel her kommend eine Starkregenzone durchfliegen müssen und die Sicht dadurch nicht mehr wirklich optimal ist. Die Landung erfolgt sanft auf der Piste 25 und der Tower gibt uns den Parkplatz direkt vor dem C-Büro: ideal für Ernst, er kann nämlich das Flugzeug im Trockenen unter dem Flügel verlassen und erreicht das Büro ohne vom Regen etwas abzubekommen. Mein Weg führt leider ein bisschen durch den Regen, aber was solls: ich bin mit unserem Flugzeug wieder zu Hause, jedenfalls fast. Nach dem Abwickeln der Zoll- Und Landeformalitäten wollen wir jetzt im Flugplatzrestaurant den Hunger stillen und treffen dort wieder auf Réne. Sein IFR-Flug dauerte etwas weniger lang und er ist bereits beim Mittagessen.

Den Rest des Weges bis ins Birrfeld muss ich alleine bestreiten, da Ernst ja sein Auto in Grenchen stehen hat. Es hört auch schon bald zu regnen auf und ich wage mich nun an die letzte Etappe. Ich bin zwar gestresst und voll konzentriert, trotzdem geniesse ich einen wunderschönen Ausblick von oben auf einen ausgeprägten sattfarbenen Regenbogen und ich kann es mir nicht verkneifen, diesen Anblick für die Nachwelt photographisch festzuhalten. Der Flug verläuft problemlos und schon bald lande ich die CXA auf unserer Homebase im Birrfeld.

So endet eine abenteuerliche Flugreise, welche zwei Wochen zuvor als einfacher Auslandflug begann. Zufrieden und um einige Erfahrungen reicher schliesse ich noch die verschiedenen Formalitäten ab, reinige das Fluggerät und hangariere jetzt zufrieden unsere Cessna Cardinal HB-CXA.

* Aero Roland & Sabina